„Organspende – Von der Moral zum Skandal?“ – so lautete die vielleicht etwas reißerisch anmutende Titelfrage des Vortrags- und Gesprächsabends am 14. Mai 2013 um 19.00 Uhr im Raufutterspeicher unseres Ortes. Diese Veranstaltung soll die erste in einer Reihe von weiteren sein, die sich verschiedenen Themen aus Kunst, Literatur, Ethik, Philosophie u.a. zuwenden. Angedacht ist, zu den vielfältigen Themen stets sach- und fachkompetente Gesprächspartner zu gewinnen, die – ganz im Sinne unserer Satzung- es den Zuhörern ermöglichen, sich auf angenehme und auch mal unterhaltsame Weise zu bilden. Alle Stifter und Spender sind dazu herzlich eingeladen, ihre Themenwünsche an den Vorstand zu übermitteln. Natürlich sind auch Vorschläge für die Referenten willkommen.
Das Thema dieses ersten Abends war sicherlich unverdächtig, leicht und angenehm zu sein. Pressemeldungen aus den letzten Jahren über Unregelmäßigkeiten bei Organspenden haben wohl eher dazu beigetragen, dass viele zu dieser Thematik noch mehr Misstrauen und Distanz entwickelt haben, als vorher bereits vorhanden war. Dabei gibt es seit 01.11.2012 in Deutschland ein neues Transplantationsgesetz, das uns dazu bringen will, freiwillig eine klare Entscheidung zu treffen: Wollen wir uns als Organspender ganz oder teilweise zur Verfügung stellen?
Von Januar bis März dieses Jahres gab es lediglich 230 Menschen in Deutschland, denen nach ihrem Tod Organe entnommen werden durften, ein Rückgang von 20 % im Vergleich zum Vorjahr. Dieser Entwicklung steht aber auf der anderen Seite eine nie gesunkene, sondern stets weiter steigende Anzahl an Patienten gegenüber, die dringlich eine Organspende benötigen, damit ihr Leben sich verlängert.
Diese und auch andere Zahlen präsentierte Prof. Dr. Jan Roigas, Chefarzt der Vivantes Kliniken für Urologie, den Zuhörern bei seinem Vortrag. Keineswegs war aber dieser Abend einer, der die Zuhörer mit trockenen Zahlen und medizinischen Fachchinesisch versorgte. In einem gut einstündigen Vortrag mit vielen Beispielen aus seiner eigenen Erfahrung als ehemaliges Mitglied eines Organentnahmeteams für Nieren erläuterte Prof. Dr. Roigas auf sehr anschauliche Weise u.a. den Weg, den ein Organ nimmt, wenn es zur Spende freigegeben wurde. Dabei scheute er auch nicht davor zurück, klar zu benennen, an welchen Stellen es in jüngster Zeit zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei und worin dafür die möglichen Ursachen liegen. Aber auch das kam zu Sprache: Warum z.B. in Spanien deutlich mehr Menschen Organe spenden als in Deutschland. Ein entscheidener Grund dafür: In diesem Land gibt es eine andere gesetzliche Regelung als in Deutschland.
Eine Frage, die besonders interessierte, war die, ob es eine Altersbegrenzung für das Organspenden gebe. Der Referent überraschte die Zuhörer mit seiner Antwort, indem er darüber informierte, dass es sogar extra ein Programm gebe, in dem Organspenden von über Sechzigjährigen ausschließlich wiederum nur für über Sechzigjährige gespendet werden können.
Nach gut neunzig Minuten endete die Veranstaltung, die vielleicht einen kleinen Beitrag dazu geleistet haben kann, für sich selbst eine klare Entscheidung für oder gegen das Organspenden zu finden. Das wäre, so Prof. Dr. Roigas, für alle Beteiligten, Ärzte wie Hinterbliebene, stets sehr hilfreich, weshalb das Ausfüllen der neuen Organspendeausweise, die die Krankenkassen uns Versicherten neuerdings zuschicken, sehr zu empfehlen ist, auch wenn man nicht spenden will.
Die wenigen Zuhörer dieses Abends waren sich darin einig, dass dieser hochqualitative und interessante Vortrag noch mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.
Der nächste Abend in der Vortrags- und Gesprächsreihe ist für den 01. Oktober 2013, den deutschlandweiten „Tag der Stiftungen“ geplant. Er wird dann in der „Schloßkirche Schöneiche“ stattfinden. Über das Thema der Veranstaltung wird rechtzeitig hier auf der Internetseite der Bürgerstiftung Schöneiche und in der regionalen Presse informiert werden.